Mittwoch, November 09, 2005

Rückzug (es war einmal)

Es war einmal das Jahr 2000 und das Arznei-Telegramm (arznei - telegramm 2000; Jg. 31, Nr. 8). Dort steht nämlich folgendes geschrieben:
"Influenza – Neuraminidase-Hemmer auf dem Rückzug: Roche hat den Zulassungsantrag für seinen Neuraminidase-Hemmer Oseltamivir (z.B. Schweiz: TAMIFLU) zur Influenza-Therapie in Europa zurückgezogen. Mitglieder des Europäischen Arzneimittelauschusses CPMP hatten Zweifel am Beleg des Nutzens des im Gegensatz zu Zanamivir (RELENZA) per os einzunehmenden Mittels insbesondere bei der Behandlung der Influenza B geäußert (Scrip 2000; Nr. 2544/45: 22). GlaxoWellcome nimmt den Antrag auf Zulassung von Zanamivir zur Vorbeugung der Influenza A und B zurück. Eine Ausdehnung der bestehenden Indikation „Behandlung der Virusgrippe“ auf Kinder wird ebenfalls storniert. Die Firma begründet den Schritt mit dem Wunsch, zusätzliche Daten aus weiteren Studien nachzureichen (Scrip 2000; Nr. 2546: 19). Vermutlich will Glaxo damit einer Ablehnung auf der Basis der bislang eingereichten Daten zuvorkommen. Ob und wann ein neuer Antrag gestellt wird, bleibt offen. Zanamivir halten wir – ebenso wie der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen – für entbehrlich: Nur bei raschem Beginn der Inhalationen innerhalb von 36 Stunden nach den ersten Symptomen lassen sich Influenzabeschwerden bei ansonsten gesunden Erwachsenen um etwa einen Tag verkürzen."
Im Jahre 2002 kam das Präparat dann auf den Markt (Arznei-Telegramm 1999; Nr. 10: 98-100).

Doch der wahre Hammer steht im Arznei-Telegramm 2002 (Jg. 33, Nr. 10):
"Bei Risikogruppen (chronisch Kranke jeden Alters sowie mindestens 65-Jährige) wirkt die Therapie mit Oseltamivir nach Angaben des europäischen Bewertungsberichtes nicht besser als Plazebo: Weder die Zeit bis zum
Abklingen aller Grippesymptome noch die Häufigkeit antibiotikapflichtiger
Sekundärinfektionen werden beeinflusst. Keine dieser Negativstudien ist veröffentlicht...Häufig ist mit Kopfschmerzen sowie Magen-Darm-Beschwerden einschließlich Übelkeit, Erbrechen und Abdominalschmerzen zu rechnen.
Angina pectoris, Verschlimmerung einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung, Überempfindlichkeitsreaktionen, meist in Form von Hautausschlägen, sowie Hepatitis und Leberenzymerhöhungen sind beschrieben. In Toxizitätsstudien finden sich Hinweise auf ein tumorigenes und embryotoxisches
Potenzial."
Jetzt ist Tamiflu natürlich wieder da und erfreut sich reißenden Absatzes.