Dienstag, November 08, 2005

Die Bedrohung

Quelle: Freie-Aerzteschaft.de [ Freie Ärzteschaft->Aktuell->Unsere Forderungen für den Nationalen Protesttag am 9.11.2005 ]

Wer sich die Website der "Freien Ärzteschaft" anschaut findet dort jede Menge Informationen zum bevorstehenden "Nationalen Protesttag", welcher am 09.11.2005 um 11:00 Uhr in Köln stattfindet. Unser mit Ärtzen schon völlig übersättigtes und von einer Kostenexplosion im Gesundheitswesen gebeuteltes Land (so eine hohe Abdeckung mit Kliniken und Praxen gibt es nur in Deutschland, siehe: [1], [2]) wird sich angesichts der gestellten Vorderungen wahrscheinlich nie mehr richtig erholen.

Hier ein Auszug aus den Beispielen auf den Seiten der "freien Ärzteschaft":

"Die Rahmenbedingungen für ärztliches Handeln in der Kassenmedizin sind unerträglich geworden! Die Grenzen des Zumutbaren sind weit überschritten!

· Die gesetzlichen Rahmenbedingungen haben den Umbau des ambulanten Gesundheitssystems in ein staatliches System eingeleitet.

· Der Umbau erfolgt durch bewusste Unterfinanzierung der kassenärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung. Die Existenz vieler Praxen und die flächendeckende Versorgung der Patienten in Deutschland ist bedroht.

· Die kalte Enteignung der Ärzte und Psychotherapeuten ist gewollt und im SGB-V gesetzlich zementiert. Grundrechte werden uns vorenthalten.

· Bürokratiewahnsinn, Aushebelung der Schweigepflicht durch die elektronische Gesundheitskarte, 'Integrierte Versorgung' als Deckmantel für gewaltigen Geldabfluss aus dem ambulanten Bereich, QM, Zertifizierung

Das sind nur einige Beispiele der Bedrohung."

Danach folgen die Forderungen:

"Wir fordern:

Sicherung
der qualitativ sehr guten ambulanten Medizin in Deutschland !

Feste angemessene Vergütung
unserer Leistungen (Euro statt Punkte) !

Rationierung nicht durch uns,
Mengensteuerung nicht zu unseren Lasten !

Transparenz
durch Einführung der in der EU üblichen Kostenerstattung!

Keine Einführung
einer Gesundheitskarte auf unsere Kosten !"

Wenn ich das richtig verstehe, dann geht es nicht um den Patienten, sondern um die Ertragslage. Worum sollte es auch sonst gehen. Die Flächendeckende Versorgung unserer Mitmenschen ist auf jeden Fall gewährleistet (siehe oben). Und das Mediziner wegen "Bürokratiewahnsinn" (erinnert mich schon fast an die Sprache der Bildzeitung) auf die Straße gehen wollen grenzt angesichts der großenteils undurchsichtigen Papierflut im Medizinbereich schon fast an Frechheit.

Das Deutsche Ärzteblatt hat dieses Ereignis auch angekündigt und dazu eine Meldung verfasst. Dort zitiert das Blatt den Präsidenten der Ärztekammer Herrn Dr. Michael Reusch: "Ärzte müssen auf die Missstände aufmerksam machen – gerade auch im Interesse der Patienten!...". Das ist das erste Mal, dass der Patient in einer der zahlreichen Aussagen zum Protest auftaucht. Weiter unten wird er folgendermaßen zitiert: "Das deutsche Gesundheitssystem wird ausgequetscht wie eine Zitrone." Zu der Kostenexplosion haben schon eine Menge Leute etwas geschrieben. Das soll sich der geneigte Leser lieber selber ein Bild von machen.

Zum Abschluß von ein Zitat der SGIPT (Gesellschaft für Allgemeine und Integrative Psychotherapie-Deutschland) zum Thema Kostenexplosion (nachzulesen unter [2]): "Die ÄrztInnendichte hat von 612 im Jahr 1970 auf 289 im Jahre 1995 zugenommen. Die Gesundheitsausgaben haben sich von 69,7 Milliarden im Jahr 1970 auf 429 Milliarden im Jahr 1995 erhöht. Inzwischen wurde die halbe Billion überschritten und die Gesundheitsausgaben sind höher als der Staatshaushalt. Es ist fast sicher, daß die Gesundheitsausgaben nicht vernünftig kontrolliert und den finanzökonomischen wie auch den sozialen Realitäten angemessen angepaßt werden können..."

Quellenangaben:

[1] - http://www.destatis.de/presse/deutsch/pm2002/p1841095.htm (Statement von Präsident Johann Hahlen / 1.4 Internationaler Vergleich)

[2] - http://www.sgipt.org/gesko/arztdich.htm (Entwicklung der ÄrztInnen-Dichte in Deutschland und ihrefinanz-ökonomische Bedeutung für die Kostenexplosion im Gesundheitswesen)

2 Comments:

Anonymous Anonym said...

Du hast das offenbar nicht richtig verstanden.

Es geht insofern um den Patienten, als die gegenwärtige "Ertragslage" der freien Arztpraxen erwarten lässt, dass die Versorgung über kurz oder lang zusammenbricht.

Die flächendeckende Versorgung unserer Mitmenschen wird dann auf keinen Fall mehr gewährleistet sein.

Die Alternative - eine planwirtschaftlich organisierte Wartelistenmedizin - ist auch nicht besonders verlockend... Zumal Protagonisten dieser Alternative im privatwirtschaftlichen Sektor verortet sind (Lauterbach ist immerhin mit den Rhön-Kliniken verbandelt).

Der zunehmende "Bürokratiewahnsinn" ist tatsächlich eine Frechheit (aber mit Methode).

11:44 PM  
Blogger pharmakritik said...

Ich habe richtig verstanden. Aber die offenen Ziele sind nicht immer die wirklichen Ziele.

Die flächendeckende Versorgung ist auch noch gesichtert, wenn es ein Drittel weniger Ärzte geben würde. Außerdem leben wir in einer Gesellschaft, in der Kranke einfach mehr Geld einbringen. Daher verdient eine ganze Industrie kräftig am Patienten und sorgt dafür, dass der Strom der Kranken nie abreißt sondern noch zunimmt.

Vergleichen sie mal die Zahlen der letzten Jahre und sie werden einen explosionsartigen Anstieg der Ausgaben für Gesundheit (sehr drastisch) und deren Infrastruktur feststellen. Die Frage ist nur: "Was hat sich so rasant am Menschen geändert, dass er jetzt öfter zum Arzt muss?". Woher kommt der ganze Krankenzirkus?

Leider wird der Patient immer nur für die eigenen Interessen vorgeschoben. Es geht auf jeden Fall um den Erhalt eines aufgeblasenen Wirtschaftszweiges.

Bürokratiewahnsinn können sie auch an ihrem Arbeitsplatz feststellen. Dagegen sollte man immer etwas tun. Aber das ist ein immer währender Kampf.

7:43 AM  

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