Dienstag, November 29, 2005

Bürokratiewahn! Oder doch nur Angst?

Auf der Homepage vom deutschen Ärzteblatt lese ich gerade einen Artikel über den Auftritt von unserer Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und CDU-Bundesvize Christoph Böhr am 27.11.2005 in der ARD bei Sabine Christiansen unter dem Titel "Schmidt und Böhr streiten über Verteilung von Ärztehonoraren". Dieser Artikel zeigt auf herrliche Weise, wie das Wort "Überbürokratisierung" - dazu noch aus dem Munde eines Politikers - wieder mal gnadenlos mißbraucht wird. Denn hier ist eher die Angst vor sinkenden Profiten und mehr Transparenz gemeint.

Dieses Zitat aus dem Artikel zeigt wo der Hase im Pfeffer liegt:
"Böhr kritisierte hingegen, in der Fortführung dieser Überlegungen käme man zur Einheitsversicherung. Die Lösung des Problems liege dagegen in einem offenem und fairem Wettbewerb. Zielsetzung müsse sein, die derzeitige Überbürokratisierung zu beenden. „Der Staat greift immer mehr ein in dieses System und immer häufiger vergreift er sich“, befand der Bundesvize."
Offen und fair? Da ich als gesetzlich Versicherter noch nicht einmal automatisch eine Rechnung - zur Überprüfung der Leistungen - vom Arzt erhalte, kann ich dieses Märchen vom fairen und gerechten Wettbewerb wirklich nicht nachvollziehen. Noch einmal zum mitschreiben: "Hier geht es um die Gesundheit der Wähler Herr Böhr!". Daraus darf man keinen Wettbewerb machen. Außerdem würde ein einheitliches System gerade das Problem der Überbürokratisierung zum Teil gerade entschärfen. Hier wird mal wieder der Säbel zum Rasseln gezogen. Mehr nicht!
"Bundesärztekammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe wandte am Wochenende ein, der Gesetzgeber sei für die unterschiedliche Behandlung verantwortlich. Zu den Vorwürfen, Kassenpatienten würden etwa bei Terminen für Operationen benachteiligt, sagte Hoppe, man dürfe nicht Ursache und Wirkung verdrehen. Mit Privatpatienten müssten Ärzte lediglich einen Termin ausmachen, während dies bei gesetzlich Versicherten nicht ausreiche."
Jetzt ist wieder der Gesetzgeber schuld. Immer schön den Ball hin und her spielen. Ich frage mich nur, warum wegen diesem Missstand noch kein Mediziner auf die Straße gegangen ist. Mir ist noch keine öffentliche Demonstration, Diskussion usw. zur Gleichbehandlung von Patienten in den Medien aufgefallen. Wenn Mediziner auf die Straße gehen, dann nur wegen der meist von gut verdienenden Chefärzten tolerierten Arbeitsbedingungen. Der Patient wird gerne oft zur Durchsetzung der eigenen Ziele vorgeschoben. Wenn es jemand wagt, den deutschen Medizinbetrieb zu kritisieren, dann wird scharf zurückgeschossen.

Wer sich diese und andere Diskussionen anschaut, der wird - sofern er noch ein wenig Verstand hat - schnell merken, dass sich in Deutschland so schnell nichts ändern wird. Dafür sind beide Seiten zu mächtig und unbeweglich.